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WAS WIR WOLLEN | FAQ

11.

Warum gehen die Fälle jetzt zum Bundesverfassungsgericht? 

 

Das KG ist im Fall Marie-Luise und Carrie von Nodoption überzeugt, dass ein Teil des Abstammungsrechts gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Dieser besagt, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, also nicht ungleich behandelt werden dürfen – es sei denn, es gibt einen zwingenden Grund für Ungleichbehandlung. 

Für die, die es interessiert, hierzu etwas detailierter: Das KG sieht den Verstoß darin, dass bei einer künstlichen Befruchtung mittels heterologer "qualifizierter" Samenspende im Sinne von § 1600d Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zwar ein Ehemann sofort ab Geburt Elternteil des Kindes wird (mit dem er genetisch nicht verwandt ist), eine Ehefrau in der gleichen Situation aber nicht. Nach dem BGB ist Mutter gem. § 1591 die Frau, die das Kind geboren hat. Vater ist zunächst gem. § 1592 Nr. 1 BGB der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Mit der Einführung der gesetzlichen Regelung, dass der Spender einer "qualifizierten" Samenspende, also einer über eine Samenbank erfolgte offizielle Samenspende, nicht gerichtlich als Vater festgestellt werden kann (§ 1600 d Abs. 4 BGB), habe der Gesetzgeber ein Auseinanderfallen von genetischer Verbindung des zweiten Elternteils zum Kind und Elternstellung geschaffen. Hier kann es keinen Unterschied machen, ob der - genetisch mit dem Kind nicht verbundene - zweite Elternteil eine Frau oder ein Mann sei. Da dies aber nach der derzeitigen Gesetzeslage so ist, wird hierin ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gesehen.

 

Das OLG ist ebenfalls überzeugt, dass § 1592 BGB verfassungswidrig ist. Es begründet die Verfassungswidrigkeit aber nicht mit Gleichheitsrechten, sondern mit dem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG. Das OLG führt aus, dass nicht nur der biologische oder genetische Elternteil, sondern auch der soziale Elternteil vom Grundgesetz geschützt sind. Das OLG leitet aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ab, dass in Fällen, in denen Kinder mittels einer Kinderwunschbehandlung gezeugt werden, der gemeinsame Entschluss beider Partner*innen die zentrale Voraussetzung dafür sei, dass das Kind entstehe. Diese gemeinsame Entscheidung begründet Rechte und Pflichten gegenüber dem Kind, die nicht die Keimzellenspender, sondern die intendierten Eltern übernehmen wollen. Gerade (bzw. sogar ausschließlich) den Wunscheltern liegt das Wohl ihres Kindes am meisten am Herzen. Sie müssen daher, so das OLG, auch rechtlich die Möglichkeit haben, diese Elternverantwortung gleichberechtigt ausüben zu können.

Stand 04/2021

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